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Kuba I: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben



Kuba, das ist La Habana, berühmte Strände wie Cayo Coco und Playa Los Pinos, fantastische Landschaften wie Viñales, bunte Städte wie Trinidad und Santiago de Cuba, und natürlich Agaven, Agaven und noch mehr Agaven, ein paar Melokakteen, sogar eine Dracaena und eine Cycadaceae, Tabakplantagen, Dampfeisenbahnen, neun UNESCO Weltkulturerbe Stätten, und ganz bestimmt noch vieles mehr. Das alles hätten wir für drei Wochen mit einem Mietauto zusammen mit unseren Freunden Jean-Marc und Lupita aus Guadalajara im Februar sehen wollen.



Der Flug war gekauft. Das Auto war bezahlt. Sogar eine "casa particular" hatten wir schlussendlich in Havanna noch gefunden und reserviert. Anfang Februar fingen wir an, uns langsam Gedanken zu machen, was wohl alles in das Auto passen würde, das Jean-Marc bei einer Kia Niederlassung in Guadalajara mal zur Probe anschauen gegangen war. Nicht arg viel, doch wir wollten ja nur Pflanzen schauen und nicht jede Nacht in neuem Outfit in einer Disco feiern. Von der Firma Cuba Caribbean, bei der wir das Auto gemietet hatten, hatten wir seit der Bezahlung desselbigen im Dezember nichts mehr gehört. Anscheinend sollte man drei Tage vor Reiseantritt einen Voucher bekommen, den man dann vor Ort einlöst. Da wir einige Tage vor Uebernahme des Autos wegfliegen wollten, um uns noch Havanna anzuschauen, verlangten wir den Voucher und weitere Informationen zur Automiete bei besagter Firma. Und warteten vergeblich auf eine Antwort. Auch bei der Telefonnummer für Mexiko, die auf der Webseite angezeigt wird, nahm nie jemand ab. Schlussendlich bekamen wir ein etwas mulmiges Gefühl und fingen an, die Firma mal zu googlen. Und siehe da, wir wurden fündig. Allerdings bescherte uns das, was wir lasen, schlaflose Nächte.



Unsere Firma war höchstwahrscheinlich ein Betrug. Das modus operandi scheint so zu funktionieren: Kunden werden mit verschiedenen Webseiten angelockt, v.a. solche die fast so klingen wie die "echten", aber eben nur fast. Man zahlt und hört nichts mehr von der Firma. Kurz vor Reiseantritt bekommt man eine Email, die besagt, dass leider ein Engpass aufgetreten und kein Auto vorhanden sei. Das Geld wird zurückbezahlt, nachdem sie Monate lang damit "gearbeitet" haben. Oder man wird vorher nervös und liest über den Betrug und storniert, was natürlich bedeutet, dass man nicht den gesamten eingezahlten Betrag zurückerhält. Oder noch besser, man bekommt einen Voucher und erscheint vor Ort, nur um zu erfahren, dass an dem vorher ausgemachten Uebernahmeort, normalerweise ein grosses Hotel in Havanna, noch nie jemand von dieser Reservation gehört hat. Und wenn man den Namen der Firma erwähnt, wird nur wissend gelächelt und müde abgewunken.



Nachdem wir alle negativen Kommentare gelesen hatten, verbrachten wir noch schlaflosere Nächte. Und schrieben die Firma nochmals an, dieses Mal etwas aggressiver und mit der Andeutung, dass wir von ihren Praktiken gelesen hätten. Plötzlich kam Bewegung in die Sache und Pedro, unser Sachbearbeiter, schickte eine Email, in der stand, dass wir nun, nach neuesten kubanischen Gesetzen, die Versicherungsgebühren auch schon im Voraus zahlen müssten. Und sofern diese Zahlung nicht innert 48 Stunden eintreffe, die Automiete storniert und das Geld zurückerstattet werde. Daraufhin weigerten wir uns, diese Versicherungsgebühr zu bezahlen, denn bei den anderen Firmen hatten wir gesehen, dass die Versicherung immer noch bei der Uebernahme des Wagens bezahlt wurde. Nun wurde Pedro erst recht aktiv. Schliesslich schickte er den Link mit den verschiedenen Telefonnummern und wir riefen auf die mexikanische Nummer an, bei der früher nie jemand abgenommen hatte. Pedro, nach eigener Aussage ein Kubaner wohnhaft auf den Kanarischen Inseln, wollte uns nun am Telefon davon überzeugen, dass die ganze Sache kein Betrug sei und wir getrost nach Kuba fliegen sollten, ohne uns Sorgen zu machen. Wir machten uns allerdings Sorgen, denn wir wollten auf keinen Fall zu viert den Viazul Bus besteigen und dann lokal private Taxis organisieren, um unsere Pflanzen zu suchen, und danach in den Ortschaften per Taxi auf die Suche nach einer Uebernachtungsmöglichkeit gehen. Sowas hätten wir in jüngeren Jahren gemacht, aber in unserem fortgeschrittenen Alter wollten wir doch etwas Komfort geniessen. Am Telefon meinte Pedro weiter, dass wir das Auto nun bei einer anderen Firma bekommen würden und die Versicherung konnte plötzlich doch vor Ort bezahlt werden. Ausserdem wollte er den Voucher sofort schicken und eine Kontakttelefonnummer in Kuba, wo wir uns nach unserer Reservation erkundigen könnten. Voucher und Telefonnummer kamen prompt. Wir riefen per Skype in Kuba an und es waren beide Male Leute von der Firma Cuba Travel Network am Apparat, die erstens keine Ahnung von unserer Reservation hatten, zweitens insistierten, dass sie nichts mit Cuba Caribbean zu tun hätten und drittens auch keinen Pedro kannten. Zur Information: es gibt zwei Cuba Travel Network Webseiten, einmal die echte www.cubatravelnetwork.com und dann die falsche www.cubatravelnetwork.net, die wieder zu unserer Cuba Caribbean Webseite verlinkt, und die zu Travelucion gehört. Pedro hingegen behauptete weiterhin steif und fest, wir hätten nicht in Kuba angerufen, denn er sei soeben mit der Frau am Apparat und diese insistiere, dass sie keinen Anruf von uns bekommen habe. Schliesslich einigten wir uns darauf, dass wir kein Auto von ihm mieten, er uns auch kein Auto mehr vermieten wolle, wir aber das gesamte Geld zurückbezahlt bekommen. Nun denn, dann warten wir mal ein paar Tage.



Was ein schöner Urlaub auf Kuba hätte werden sollen, ist zu einem Albtraum geworden. Um fair zu sein, müssen wir anmerken, dass wir natürlich nie herausfinden werden, ob Pedro tatsächlich ein Auto für uns gehabt hätte oder nicht. Allerdings zweifeln wir sehr an seiner ehrlichen Natur nach all den Reklamationen auf dem Internet - von denen er behauptet, sie kämen alle von der gleichen IP Adresse und seine Konkurrenz würde das alles schreiben. Die ganze Sache riecht doch zu sehr nach Betrug: plötzlich nimmt einer das Telefon ab, das sonst nie funktioniert hat; die Autofirma wird kurz vor Antritt der Reise gewechselt; das Hotel, wo wir das Auto abholen sollen, ist nicht als Uebernahmeort besagter Vermieterfirma aufgelistet; die Telefonnummer auf dem Voucher gehört zu einer ganz anderen Firma, die keine Ahnung von unserer Reservation hat; die Versicherung muss plötzlich vorher bezahlt werden, etc., pp.



Adios Cuba im Februar! Die gute Nachricht ist: Das Geld wurde zurückbezahlt. Und wir sind beim nächsten Versuch - Kuba in der Regenzeit. Flug verschoben. Auto bei der seriösesten und auch teuersten Firma gemietet. Casa particular schon jetzt reserviert. Wir sind optimistisch!



März 2016



Julia Etter & Martin Kristen