travelog 91






Schlotternd durch Nuevo León



Wieder einmal zieht es uns in die zerklüfteten Berge südlich von Monterrey. Es ist tiefster Winter. Martin schaut etwas befremdet meine Kisten mit Jacken und Pullovern, Wollmützen und Thermounterwäsche, Schlafsäcken und Wolldecken an, die ich ins Auto lade. Schliesslich haben wir die Schweiz vor langer Zeit verlassen, um der Kälte für immer zu entkommen.



Mittlerweile kennen wir den Einstieg in den Huasteca Canyon und finden den Eingang zum Park in Santa Catarina auf Anhieb. Ausgeschildert ist übrigens immer noch nichts. Wieder sind wir an einem ganz normalen Wochentag alleine unterwegs. Der Himmel ist grau, immerhin regnet es aber nicht. Wieder sind wir fasziniert von den Millionen von Agave victoriae-reginae, die die senkrechten Felswände bevölkern. An der Staumauer stoppen wir für das obligate Foto. Unser Auto sieht neben der riesigen Staumauer winzig klein aus. Ein Halt bei Agave albopilosa ist ein absolutes Muss. Die einigermassen gut zugänglichen Pflanzen sind verschwunden. Es wird allerdings ein Ding der Unmöglichkeit sein, diese Spezies auszurotten, da der Standort zu unzugänglich ist.



Wir entscheiden uns für die Abzweigung Richtung Pajonal. Hier verengt sich einer der Seitencanyons nochmals ganz extrem. Agave bracteosa und A. victoriae-reginae kleben zu Millionen in den Wänden. Es ist wunderschön grün und wir kommen aus dem Staunen nicht heraus. Jede Nische, jede Ritze, jedes Plateau sieht wie ein kleiner bepflanzter Miniaturgarten aus. Kurz vor Pajonal weitet sich die Schlucht und wir gewinnen etwas an Höhe. Pajonal ist ein kleines Nest mit 11 Einwohnern. Senkrechte Felsenberge umzingeln die Siedlung. Es sind nur noch vereinzelte Wolken zu sehen und wir geniessen den strahlend blauen Himmel. Sogar mitten im Dorf wächst hier noch Agave victoriae-reginae. Ein alter Mann bittet uns um Diesel, den er für den Betrieb seiner Lampe dringend braucht. Hinter Pajonal führt die Piste zwischen zwei Mauern über eine Ebene. Beidseits liegen die Felder brach. Vor nicht allzulanger Zeit muss es kräftig geregnet haben, denn die Piste besteht eigentlich nur aus stehendem Wasser. Tempo und Schwung sind angesagt, um nicht unverhofft an einer tieferen Stelle steckenzubleiben. Wir passieren genau ein anderes Auto. Der junge Mann rast wie ein Verrückter über die Strecke, das Wasser spritzt meterhoch in die Höhe. Wahrscheinlich weiss er schon, weshalb er so aufs Gas drückt. An einem niedrigen Felsen entdecken wir Sedum wrightii im feuchten Moos. Im trockenen Flussbett und in der Umgebung von Canoas gibt es einige wunderschöne Exemplare einer seltsamen blauen Agave. Es sieht nach einer Mischung zwischen A. ovatifolia, A. parryi und A. parrasana aus. Mehr dieser wunderschönen Pflanzen wachsen im Aufstieg hinter Canoas. Hier verschlechtert sich die Piste auch wesentlich. Wir sind froh, dass sie so selten befahren ist, denn Gegenverkehr auszuweichen wäre hier ein Ding der Unmöglichkeit. Schliesslich müssen wir aufgeben und das erste Mal den 4x4 zuschalten. Danach geht es gleich um Welten besser. Wir können es wieder etwas gemütlicher nehmen und geniessen einen Stop an einem kleinen Wasserfall. Eine blauviolette Echeveria, die am ehesten bei E. lilacina einzuordnen ist, gedeiht hier zwischen den Eichenblättern am Boden und auf moosigen Felsen. Neben anderen kleinen Sukkulenten hängen auch ein paar wunderschön rot bedornte Exemplare von Ferocactus pilosus in einer Felswand. Hinter Los Llanitos haben wir das Schlimmste hinter uns. Wir fotografieren grüne Agave gentryi gleich neben der blauen Agave aff. ovatifolia. Langsam werfen die steilen Berge immer längere Schatten und wir machen uns auf die Suche nach einem Campingplatz. Auf einer Lichtung finden wir einen grasigen Platz. Im letzten Licht sättigen wir uns noch etwas mit Käse und Crackern. Um ein Feuer zu entzünden ist alles viel zu nass, deshalb gehen wir bald zum Tequila über, um die kalten Knochen etwas zu erwärmen. Schon bald wickeln wir uns über den Daunenjacken auch noch in Wolldecken ein. Ueber die Schlafsäcke werfen wir nachher noch vier Wolldecken, damit es gemütlich warm wird.



In dieser Berglandschaft dauert es eine ganze Weile, bis die ersten wärmenden Sonnenstrahlen über die Gipfel kriechen. Wir kommen an Mesa de Santa Cruz mit 18 Einwohnern vorbei. Die winzigen Rosetten von Sedum chrysicaulum schmiegen sich zwischen die grauen Kalksteine. Bei etwas genauerem Hinschauen entdecken wir sogar viele Pflanzen mit weissen Blüten. Viel von unserer Umgebung sehen wir jetzt nicht mehr, denn wir sind in ein dichtes Nebelmeer hinuntergefahren. Es geht immer weiter bergab. An einem Schild stellen wir fest, dass wir soeben die Reserva Ecologica “Las Navajas” verlassen haben. Dann lichtet sich der Nebel etwas und wir sehen die berühmten Bachoco Hühnerfarmen in der Gegend von Saltillo in der Ebene. San Jose Nuncios ist die letzte kleine Ortschaft bevor wir auf die Verzweigung der gebührenpflichtigen Umfahrung von Saltillo und der Autobahn nach Monterrey treffen. An einer kleinen Raststätte bekommen wir einen heissen Kaffee und ein süsses Brot. Der Verkäufer versichert uns, dass wenige Kilometer südlich die ganze Wolkendecke aufreissen würde und wir strahlend blauen Himmel antreffen würden. Er hat tatsächlich recht!



Bei den Puentes Chorros verweilen wir uns etwas und klettern herum. Es ist gar nicht so einfach, Echeveria cuspidata var. cuspidata zu finden, doch nach genügend langer Suche werden wir belohnt. Ausserdem gibt es Sedum nanifolium, Villadia aristata und Lenophyllum guttatum. Und interessante Kakteen wie den Peyote und Ariocarpus fissuratus und viele mehr. Auf einer gut geteerten Strasse fahren wir nun über eine Hochebene nach San Antonio de Alazanas. Dann weiter im Text nach Mesa de las Tablas. Die Strasse ist hier ganz neu gemacht. Man wartet sichtlich auf Wochenend-Tourismus aus Saltillo und Monterrey. Hotels gibt es keine, dafür aber teure Cabañas zu mieten. Agave gentryi wächst hier oben wie Unkraut. Beim Abstieg nach Tablas fällt uns auf der Gegenseite eine Strasse auf, die auf einen hohen Berg hinaufführt. In Tablas treffen wir per Zufall auf einen Mann, der den Schlüssel zum Tor verwaltet. Schnell erklärt er uns, wo wir den Einstieg finden und los gehts. Er hat allerdings nicht erwähnt, dass seine Söhne hauptsächlich mit dem Pferd nach oben reiten, und so finden wir erst später heraus, dass die Strecke von weitem zwar toll ausgesehen hat, aus der Nähe aber in einem bedauernswerten Zustand ist. Sedum chrysicaulum und Villadia aristata sind unsere konstanten Begleiter. Millionen von Agave gentryi bevölkern die steilen Hänge. Irgendwann gehen die in Agave montana über, deren reine Form wir ganz oben angekommen bestaunen können. In acht Kilometern sind wir schlappe 1000m bis auf 3300m hinaufgeklettert! Hier oben haben wir eine gewaltige Weitsicht über die unendlichen Bergketten nach Süden. Eine Agave montana ist schöner geformt, gefärbt, oder bedornt als die andere. Beim Herumklettern stolpern wir plötzlich über eine kleine hellblaue Echeveria, die wir nirgendwo einordnen können. Die Sonne steht schon tief am Horizont, als wir uns endlich auf den Rückweg machen. Beim Eindunkeln erreichen wir endlich das Haus des Schlüsselbesitzers und erkundigen uns nach einer bezahlbaren Uebernachtungsmöglichkeit. Die Familie lädt uns ein, in einem leerstehenden Zimmer zu übernachten. Dies sei bestimmt wärmer und bequemer als in unserem Auto. Sicherheitshalber bringen wir unsere Schlafsäcke und alle Wolldecken in unser Zimmer, das betäubend nach mit Diesel imprägnierten Holzbalken riecht, oder besser, stinkt. Durch einen kleinen Ladenraum betritt man den Innenhof des Hauses unserer Gastfamilie, um den herum Zimmer, Küche und Bad angeordnet sind. Weiter hinten schlafen die Hühner und Hunde. In der Küche brennt im Ofen ein wärmendes Feuer und die Hausfrau bereitet uns schnell ein Rührei mit scharfer Salsa und einen heissen Kaffee zu. Der Hausherr sitzt mit einer Wollmütze auf dem Kopf am Tisch. Ein brandneuer Kühlschrank wurde am Nachmittag installiert. Bei den winterlichen Temperaturen hätten wir eher in einen Boiler für warmes Wasser investiert. Im Bad ist der Abfluss des Lavabos offen und man nässt sich die Füsse mit Zahnputzwasser, bis man es merkt. Das Klo funktioniert nach Lust und Laune, zur Sicherheit spült man am besten mit Wasser aus einem Eimer. Es gibt sogar eine Dusche, d.h. ein Wasserauslass aus der Wand, doch einen Boiler können wir nicht entdecken. Die Familie ist rührend um uns besorgt und will uns zu später Stunde sogar noch den Fernseher anschliessen. Wir verbringen die Nacht genauso kalt und ungemütlich wie im Auto, können uns aber auf einen weiteren heissen Kaffee am morgen freuen.



Den Hausherr treffen wir am frühen Morgen in der gleichen Kleidung wie tags zuvor und immer noch mit seiner Wollmütze auf dem Kopf an. Wahrscheinlich ist er der Einfachheit halber gleich angezogen ins Bett gestiegen. Bei den herrschenden Minustemperaturen auch verständlich. Beim Kaffee erkundigen wir uns nach einer kleinen Querspange, die wir auf der Karte entdeckt haben. Kein Problem, sagen die Männer am Tisch, sie seien die Strecke erst vor einer Woche gefahren. Für den Rückweg hätten sie allerdings den längeren Umweg über Jame und die Teerstrasse genommen. Mit unserer "Camioneta" und Vierradantrieb absolut machbar, versichern sie uns. Den Einstieg finden wir nicht gleich auf Anhieb. Dann lenken uns die vertrockneten Blütenstände einer hübschen grünen Echeveria ab. Bald beginnt der Abstieg. Unten, nicht allzu weit entfernt, können wir die Hauptstrasse erkennen. Bald hoffen wir, dass wir durchkommen, denn an Umdrehen ist nicht im Traum zu denken und langsam dämmert uns auch, weshalb die Familie für den Rückweg eine andere Strecke gewählt hat. Hoch schafft man es hier nicht einmal mit Vierradantrieb! Von Tablas an die Jame-Nuncio-Strasse sind es nur 8 Kilometer, doch offensichtlicherweise hat es in den letzten 7 Tagen kräftig geregnet und die Strecke fast komplett zerstört. Unten angekommen kann es ja nur besser werden, denken wir. Dann stehen wir vor einem Bach, dessen Furt wir mit grossen Steinen etwas zu verbessern versuchen. Mit viel Schwung und Anlauf fährt Martin durch, kommt aber natürlich sofort von der Spur ab und schafft es ganz knapp wieder hinauf auf festen Boden. Dann geht es weiter im Bachbett bis wir vor dem nächsten Bach stehen, der schon eher ein kleiner Fluss ist. Es ist absolut unmöglich, dieses Gewässer zu furten, ohne vorher mindestens einen Tag lang daran gearbeitet zu haben. Weit und breit ist niemand zu sehen. Auf unser Pfeifen und Rufen antwortet auch keiner, obwohl einige Häuser auf der anderen Seite stehen. Und dort oben verläuft auch die gute Piste, in Sichtweite aber doch immer noch so weit entfernt. Zu Fuss suchen wir einen Ausweg und stossen auf eine andere Piste, die mit zwei Ketten versperrt ist. An der ersten Kette gibt es ein Schloss, doch es sieht so aus, als ob wir einen Draht lösen können, um die Kette kurz zu entfernen. Wir sind sehr beschäftigt, als plötzlich zwei Männer hinter einem Baum stehen. Die beiden behaupten steif und fest, dass sie keinen Schlüssel besässen und ausserdem schon seit einer Woche wegen der durch den Regen zerstörten Furt nicht mehr hätten herausfahren können. Natürlich ist dies eine grosse Lüge, denn etwas weiter hinten haben wir frische Reifenspuren gesehen. Die Diskussion geht hin und her, bis sich der ältere der beiden schliesslich dazu herablässt, seinen Schlüssel aus der Tasche zu holen. Wir müssen ihm hoch und heilig versprechen, dass wir nie mehr hier durchfahren würden, was uns absolut nicht schwerfällt.



Als wir endlich auf der guten Piste stehen, fällt uns ein Stein vom Herzen. Schnell kommen wir nun vorwärts. Das Tal wird begrenzt von senkrechten Bergketten, scheint aber sehr fruchtbar zu sein. Für uns interessant sind Felsen mit Echeveria simulans, Sedum calcicola und S. palmeri, und einem Lenophyllum. Je näher wir Rayones kommen, desto breiter wird das Tal. Es gibt schöne Plantagen mit Nussbäumen. Wo der Fluss noch wild und ungezähmt ist, säumen ihn uralte "Sabinos", Taxodium mucronatum, die mit Tillandsia usneoides behangen sind. Es ist eine märchenhafte Stimmung unter diesen Bäumen mit dem Geplätscher des Wassers und dem Vogelgesang im Hintergrund.



In Rayones ist die Auswahl an Hotels nicht besonders gross. Im Hotel "Santa Rosa" sieht der Besitzer unsere Verzweiflung nach einer heissen Dusche und will uns partout keine Ermässigung geben, schliesslich müsse er ja das Gas bezahlen. Nach langer Diskussion lässt er sich schliesslich dazu erweichen, uns ein grösseres Zimmer mit zwei Betten zu geben, wo wir uns wenigstens umdrehen können. Gleich um die Ecke finden wir ein hübsch dekoriertes Restaurant mit gutem hausgemachtem Essen. Rayones, obwohl nur 50km von Montemorelos entfernt, ist ein gottverlassenes Nest. Die Städter aus Monterrey strömen am Wochenende in Scharen hierher zur Erholung. Tageweise sind die Bewohner allerdings ohne Strom oder Telefonverbindung. Ein Internet Cafe suchen wir vergebens, denn bei zu grosser Kälte funktioniert das Telefonnetz nicht, erklärt uns die Besitzerin des Restaurants. In einem Notfall, riet ihnen Telmex, die mexikanische Telefongesellschaft, müssten sie einfach auf die nächste Passhöhe in Richtung Montemorelos fahren, dort würde dann wieder das Handy funktionieren. Für die Einwohner ist das alles etwas mühsam, doch für die Besucher macht wohl gerade diese Abgeschiedenheit von der Zivilisation einen grossen Teil des Reizes aus.



In der Nähe von Rayones wächst Echeveria lilacina, der wir natürlich einen Besuch abstatten. Danach geht es auf die Strecke nach Galeana. 2002 war diese Piste furchtbar zu befahren. In der Zwischenzeit wurde daran nichts verbessert, wie wir bald feststellen müssen. Beim Puente de Dios, einer natürlichen Steinbrücke, steigen wir auf einem ganz neu gemachten Pfad in die Tiefe. Im Gebüsch entdecken wir einige Yucca linearifolia. Die neuen Picknick-Tische laden zum Verweilen ein. Danach erreichen wir bald Galeana, wo wir am Hauptplatz in einem Hotel mit Internetanschluss absteigen. Von hier unternehmen wir einen Ausflug auf den Cerro Potosi, einen 3700m hohen Berg. Die Piste schlängelt sich in Kurven den Berg hinauf und wir geniessen gewaltige Ausblicke in alle Richtungen. Je höher wir kommen, desto steifer und kälter bläst uns der Wind um die Ohren. Fast ganz oben angekommen blockiert ein umgefallener Tannenbaum die gepflasterte Strasse. Macht nichts, wir schauen uns einfach die wunderschönen Agave gentryi an, die hier oben wie Unkraut die Hänge bevölkern. Eine Mannschaft von Telmex erscheint am späten Nachmittag in einem Pickup. Sie sind natürlich gut ausgerüstet und haben die Tanne Nullkommanichts durchgesägt und zur Seite geschafft.



Von Galeana geht es nun südlich über La Ascension und La Escondida nach Aramberri. Zwischen Aramberri und Zaragoza besuchen wir einmal mehr Echeveria cuspidata var. zaragozae. Die Pflanzen wachsen in kleinen, engen Canyons im Gipsgestein. Es sieht eher wie ein unwahrscheinlicher Standort für Echeverien aus. Gleich um die Ecke gibt es eine Ortschaft mit dem Namen La Joya. Aus einem La Joya hat Myron Kimnach Echeveria cuspidata var. gemmula beschrieben, allerdings war er nie am Standort und hat einfach auf der Karte nach einem La Joya gesucht. Wir sind der festen Ueberzeugung, dass die beiden Varietäten identisch sind, denn La Joya und der Standort der var. zaragozae sind keine 100m voneinander entfernt. Wie die Pflanzen auch heissen, es sind hübsche, kleine, blaugraue Rosetten, teils mit roten Blattspitzen, die die bröckligen Gipswände bewohnen. Kürzlich muss es geregnet haben, denn die Selaginellas sind weit geöffnet und grün.



Hinter Zaragoza geht es steil und steinig und kurvenreich den Berg hinauf. Irgendwie haben wir uns die Strecke über La Encantada und La Siberia leichter vorgestellt. Mit genügend Licht schaffen wir es gerade noch bis zum Microondas nahe La Encantada. Einmal mehr übernachten wir auf weit über 2500m Höhe. Es wird eine weitere eisig kalte Nacht. Das Holz ist halb nass, oder halb trocken, doch wenn das Feuer einmal brennt, dann wärmt es ganz angenehm. Bei Käse und Crackern und Tequila sitzen wir am Lagerfeuer und ruhen uns von den Strapazen der letzten paar Kilometer aus. Gut eingemummelt in Schlafsäcke und vier Wolldecken überleben wir auch diese Nacht.



Nach einem heissen Kaffee und dem obligaten Müsliriegel passieren wir La Encantada. Sedum papillicaulum wächst hier sogar auf der steinigen Piste. Vorbei geht es an einer Echeveria, die derjenigen von Mesa de las Tablas gleicht. Danach folgt bald Echeveria simulans. In La Siberia erzählt uns ein Mann mit Esel, dass es eine wesentlich bessere Piste von Zaragoza her gebe, was uns natürlich jetzt auch nicht mehr viel nützt. Ueber Puerto del Pino geht es hinunter nach La Joya de San Lazaro, Santa Lucia und schliesslich erreichen wir La Bolsa und die neu geteerte Strasse nach Miquihuana. Wir stoppen kurz für Echeveria unguiculata. Danach führt die fast fertige Strasse durch einen wunderschönen Garten von Yucca carnerosana, einem grossen Dasylirion und vielem mehr.



In Miquihuana muss es ein Hotel geben, doch wir sehen nichts. Also stimmen wir für eine weitere kalte Nacht im Schlafsack und fahren bei La Peña in die Berge hinauf. Auf einer schönen Lichtung campieren wir unter grossen Bäumen. Nasses Holz für ein Lagerfeuer gibt es genügend und bei unserer grossen Erfahrung mit nassem Holz haben wir auch schnell ein Feuer entfacht. Um die Beine gewickelte Wolldecken und ein paar Tequila helfen gegen die nasse Kälte, die einem in die Knochen kriecht. Am nächsten Morgen fahren wir fürs Frühstück wieder nach Miquihuana hinunter. Auf dem Rückweg legen wir einen Stop ein, um nach Echeveria lyonsii zu suchen. Es ist gar nicht so einfach, doch mit etwas Glück stolpern wir bald über einige Exemplare, die sich farblich gut an die Steine und kleinen Tannzapfen angepasst haben. Am Eingang von Miquihuana erkundigen wir uns nach einem Restaurant und der Knoblauchkranzverkäufer, der in uns gleich seine ersten Kunden gefunden hat, meint ganz einfach: "Dort vorne beim Hotel!". Tatsächlich gibt es an der Ecke beim Hauptplatz ein kleines Lokal, doch von Hotel ist nichts angeschrieben. Die Besitzerin erzählt uns dann bei einem heissen Kaffee, dass das Schild am Tag zuvor bei einem Sturm heruntergeblasen wurde und nun in Reparatur ist. Kein Wunder also, dass wir kein Hotel finden konnten.



Nach so vielen nasskalten, klammen Nächten auf dem Bett unseres 4x4-Mobils entschliessen wir uns, diese kurze Reise zu beenden. Auf dem Rückweg stoppen wir kurz in San Luis Potosi, wo wir die Gastfreundschaft der Fitz Maurice's geniessen. Dann geht es endgültig zurück an unseren "Heimat"-Standort in Jalisco, um unsere durchfrorenen Knochen wieder etwas aufzuwärmen. Wir werden bestimmt wieder hierher zurückkommen, jedoch sicherlich zu einer wärmeren Jahreszeit.



November 2009